DAS BEWUSSTSEIN ZU SCHÄRFEN für die eigene Geschichte, das Brauchtum und die Traditionen, das ist es, was sich Rudolf Dimmeler zur Aufgabe gemacht hat. Seit über 25 Jahren führt er in Hagnau den Heimat- und Geschichtsverein. Dass man in einem solchen Amt in längeren Dimensionen denkt, versteht sich von selbst. Schließlich gehen manche Bräuche, die in dem liebenswerten Bodensee-Örtchen heute noch lebendig sind, auf Geschehnisse zurück, die viele hundert Jahre zurückliegen: eine spannende Vergangenheit, die die Gegenwart bereichert.
Rudolf Dimmeler
Aus Liebe zur Heimat
Über ein Vierteljahrhundert prägt Rudolf Dimmeler als 1. Vorsitzender den Heimat- und Geschichtsverein (HGV) in Hagnau. Eine veritable Zeitspanne, die aus historischer Perspektive doch nur ein kurzer Augenblick ist.
„So lange es die Gesundheit zulässt“, erklärt Dimmeler lachend auf die Frage, wie lang er sein Amt noch bekleiden möchte. In der Tat muss man viel Energie mitbringen, um die Historie Hagnaus lebendig zu halten und immer wieder bunt und faszinierend ans Tageslicht treten zu lassen, so auch in den Räumen des Hagnauer Museums. Zum unverzichtbaren Brauchtumsschatz gehören dabei die historischen Trachten, die man heutzutage bei Kirchenfesten wie Fronleichnam, aber auch bei Weinproben erleben kann.
Das „Museumsfeschtle“
Zum Saisonabschluss fi ndet im Hagnauer Museum das „Museumsfeschtle“ statt. Hier werden neben Fisch und Wein auch besondere regionale Schmankerl geboten wie frisch zubereitete Zwiebel- und Apfel-Dinnele oder Balleron. Man kann hier auch die Hagnauer roten Bohnen kaufen (von den Mitgliedern „gestupft, gebrockt und gebrätscht“) die Grundlage für das traditionelle Gericht „Bohnen und Spätzle“ sind. Das deftige Essen schmeckt gut – probieren Sie‘s doch mal aus, Rezepte sind ebenfalls erhältlich.
Die Seegfrörne
Wissen Sie, was die Seegfrörne ist? Dieses äußerst seltene Ereignis steht in Hagnau in Verbindung mit der uralten Tradition der Eisprozession: 1573 wurde auf dem gefrorenen See die Büste des Hl. Johannes von Münsterlingen (Schweiz) nach Hagnau gebracht – und in folgenden Seegfrörnen wieder zurück. Zuletzt war das 1963 der Fall, seither befindet sie sich in der Münsterlinger Sankt-Remigius-Kirche. Wann sie wieder nach Hagnau kommt, steht in den Sternen, schließlich erfordert das Naturspektakel langen, extremen Frost. Klimaexperten zeigen indes verhaltenen Optimismus, sodass wir uns Rudolf Dimmelers Wunsch an-schließen: „Ich hoffe, dass unsere Nachfahren dann wieder in die Schweiz wandern und den Johannes holen.“
Der Winzertrunk
Zum Abschluss erzählt uns der HGV-Vorsitzende noch von einem weiteren Brauch, der vom Winzerverein Hagnau gepflegt wird, dem Winzertrunk. Im Jahre 1906 stiftete Pfarrer Dr. Hansjakob zum 25-jährigen Jubiläum des Hagnauer Winzervereins einen Pokal als Sinnbild für die Gemeinschaft. Seither findet der Winzertrunk jedes Jahr im Januar nach traditionellem Brauch statt. Gereicht wird natürlich nur der beste Wein des Kellers, der jeweilige Pfarrer als Nachfolger von Hansjakob trinkt den Pokal an und dann macht der Pokal die Runde. Schön, wenn Traditionen so köstlich erhalten bleiben!